irrtum 10:

 

Hauptsache Naturmaterialien 

 

 

 

 

 

"Viele möchten wegen den Klimavorteilen am liebsten natürliche Materialien. Dabei sollten die anderen Aspekte für gesundes Liegen nicht in den Hintergrund treten."

 

 

"Naturmaterialien bieten nicht nur bei Bettwaren,sondern auch bei Matratzen viele Vorteile. Gemäss Umfragen möchten die meisten Menschen lieber Naturmaterialien als Synthetik im Bett haben."

 

Abgesehen von den Bettwaren ist die Realität aber genau umgekehrt: 98% liegen auf synthetischen Matratzenkernen, ein grosses Zielpublikum für das Verkaufsargument «Naturbett». Bei einer Fokussierung auf natürliche Materialien besteht jedoch die Gefahr, dass die physiologischen Aspekte der Liegecharakteristik zu wenig berücksichtigt werden. Propagiert wird zudem das Weglassen von Metallteilen. Was dies bewirken kann, erfahren Sie hier gleich zu Beginn.

Metall ist zwar natürlichen Ursprungs, durch seine elektrische Leitfähigkeit jedoch ein umstrittenes Material für Betten. Die heute zahlreich vorhandenen elektromagnetischen Felder werden durch Metall beeinflusst. Deshalb wollten die Erfinder der Naturbetten vor allem die Metallfedern von Federkernmatratzen durch ein metallfreies Federelement aus Holzleisten und Kautschukpolster ersetzen. Diesem Trend folgen sogar die meisten konventionellen Marken mit ihren Kaltschaummatratzen und bauen Federkörper aus Kunststoff in die Matratzenkerne ein. Die entsprechenden Werbeaussagen haben bei Konsumenten schon zur irrtümlichen Annahme geführt, ein metallfreies Bett schütze vor Elektrosmog. Wissenschaft und Medizin tun sich zwar immer noch schwer mit Elektrosensibilität. Für viele Menschen ist dieses Thema trotz seiner Komplexität sehr aktuell geworden. Im folgenden Text werden die bisherigen Erkenntnisse praxisnah und verständlich dargestellt, um die möglichen Auswirkungen zu relativieren.

Dazu betrachten wir vor allem die Situation im Schlafraum. Metallteile sind nie Ursprung von elektrischen oder elektromagnetischen Feldern, sondern haben immer nur eine ablenkende Wirkung auf diese. Wenn das Bettmöbel aus Massivholz ohne Schrauben oder Metallwinkel zusammengesteckt wurde, vermindert dies die Elektrosmogbelastung nicht. Nur wenn die Metallteile eine gewisse Grösse aufweisen, wie dies bei Federkernmatratzen, Metall-Lattenrosten oder Metallbettrahmen der Fall ist, können dadurch elektrische Felder so weit abgelenkt werden, dass es Auswirkungen auf den Körper hat. Entscheidend ist deshalb vor allem, dass elektrische und elektromagnetische Felder an der Quelle reduziert werden. Elektromagnetische Felder werden durch elektrische Stromflüsse erzeugt. Starke Elektromotoren, welche grosse magnetische Felder bewirken, befinden sich nur selten im Einflussbereich des Schlafplatzes. Ganz normale Stromkabel und elektrische Geräte sollten aber trotzdem soweit wie möglich aus der Nähe des Schlafplatzes verbannt werden.

Ein anderes Thema ist die magnetische Wirkung. Eisenhaltige Metalle können selber magnetisch werden, wenn sie starken Magnetfeldern ausgesetzt wurden (Ausnahme z.B. Aluminium). Dies ist heute besonders beim Baustahl der Fall. Er wird seit ca. 1991 meist mit starken Elektromagneten an Kranen umgeladen und bleibt dann magnetisch. In den meisten Häusern sind Bodenplatten und Decken grossflächig mit magnetisiertem Baustahl armiert. Dies verändert nicht nur das für den Menschen wichtige Erdmagnetfeld, es führt auch zu einer Belastung durch fremde Magnetfelder. Auch Metallgestänge von verstellbaren Lattenrosten können magnetisch sein und sich auf den Körper auswirken. Da allgemein angenommen wird, dass der Körper im Schlaf während der Regenerationsphasen wesentlich empfindlicher auf störende Einflüsse reagiert, sollte dem Schlafplatz besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Wenn sich ein Körper schlechter regeneriert, macht sich dies meistens nicht sofort bemerkbar. Es kann aber später zu gesundheitlichen Problemen führen. Diese werden dann kaum mehr mit dem Schlaf oder dem Schlafplatz in Verbindung gebracht. Die mobile Datenübertragung boomt und wirkt immer stärker auf den Menschen ein. Ein besonderes Augenmerk sollte beim Schlafplatz auf hochfrequente elektrische Schwingungen durch Handys und andere Drahtlostelefone gerichtet werden. Aber auch hier bringt ein metallfreies Bett keinen Vorteil. Die Hochfrequenz durchdringt Holz nämlich noch wesentlich besser als Metall. Zum Schutz vor den Strahlen von Handysendern werden oft mit Silber- oder Kupferfäden bestückte Abschirmvorhänge oder Abschirmbaldachine eingesetzt. Auch metallbedampfte Fensterscheiben schützen hier gut. Problematischer ist aber meistens die hausgemachte Hochfrequenzbelastung. Durch einfache Massnahmen kann während der Nacht ohne Komfortverlust eine grosse Entlastung erreicht werden: Schalten Sie WLAN-Verbindungen aus, Handys in den Flugmodus und legen Sie DECT-Schnurlostelefone mit aktiviertem ECO-Mode auf die Station.

«Natürliche» Stützung

Naturmaterialien bieten in Bezug auf das Schlafklima klare Vorteile. Viele können mit einem Wechsel auf ein Naturbettsystem ihre Schlafqualität verbessern. Bei der Körperanpassung erzielen jedoch nicht alle den gewünschten Erfolg. Die Gesetze der Schwerkraft wirken nämlich bei allen Liegeflächen gleich, und die vorgängig beschriebenen Irrtümer gelten auch für Naturmatratzen und Naturbettsysteme. Obwohl es grosse Unterschiede bei diesen Produkten gibt, lautet der Werbeslogan bei allen «rückengerechtes Liegen». Damit Sie sich besser zurechtfinden, zeigen wir Ihnen die Besonderheiten solcher Systeme auf.

 

Naturbett-Systemarten

Am häufigsten anzutreffen ist nach wie vor die Urform: eine Naturbett-Unterfederung mit vielen dünnen, querliegenden Holzlamellen, welche oft in zwei Lagen übereinander auf längslaufenden Latexpolster aufliegen und nur eine Festigkeitsstufe aufweisen. Auf diesem Federelement liegt eine eher dünne Naturlatexmatratze und eine Schurwollauflage. Trotz der eher weichen Matratze ergibt sich durch die Lamellen oder Leisten ein eher festes Liegegefühl. Dadurch können bei Schultern oder im Hüftbereich Druckprobleme auftreten. Um dies zu vermeiden, werden immer dickere Matratzen angeboten, was jedoch eine deutlichere Zonung nötig macht. Da die Federelemente meistens nur in einer Festigkeit und ohne Festigkeitszonen konstruiert sind, wird versucht durchs Entfernen einzelner Holzlamellen eine bessere Körperanpassung einzustellen. Zur einfacheren und differenzierteren Zonenregulierung im Federelement verfügen einige Produkte über aufgeteilte und verschiebbare Latexpolster oder unterschiedliche Festigkeiten der Latexteile. Genaue Körperanmessung ist bei Naturbettsystemen aufgrund der umständlichen und beschränkten Einstellmöglichkeiten noch kaum ein Thema.

Andere Anbieter bauen zur besseren Druckentlastung ihre Naturbettsysteme ohne die charakteristischen Holzlamellen, mit vollflächiger Naturlatexpolsterung, aufgeteilt in sieben regulierbare Zonen. Noch mehr Formanpassung bieten Federelemente mit vielen kleinen oder grösseren Holztellern. Unter jedem Holzteller befindet sich ein Federkörper aus Kunststoff, der zum Teil sogar in der Festigkeit eingestellt werden kann. Wie die normalen Tellerunterfederungen ohne Holzoptik sind auch diese «Natur»- Tellersysteme vor allem bei Frauen beliebt. Als Trendvariante werden die Holzteller oft auch in Arvenholz angeboten.

Naturtrend Arvenholz

Die Arve wird in Österreich und Bayern Zirbelkiefer oder einfach Zirbe genannt und hat sehr aromatisch duftendes Holz. Sie kommt in Hochgebirgsregionen der Alpen meist gemischt mit der Lärche vor. Um den Duft von Zirbenmöbel zu erhalten, werden diese unbehandelt angeboten, sind also weder geölt noch gewachst oder lackiert. Etliche Hersteller preisen ihre Zirbenbetten mit dem Versprechen an, dass das Holz den Schlaf verbessern und Schlafstörungen entgegenwirken soll. Sie berufen sich auf eine kleine, wissenschaftlich nicht anerkannte Studie, bei welcher in Zirbenbetten ein tieferer Puls und eine erhöhte Aktivität des für Ruhe zuständigen Nervensystems nachgewiesen wurde. Für alle, die den Duft von Arvenholz gerne mögen, gibt es nebst Möbel fürs Schlafzimmer eine ganze Reihe von Bettwaren, welche einen Anteil Arvenspäne enthalten. Als kostengünstige Variante kann auch eine Schale oder ein Stoffbeutel mit Arvenholzschnitzel in der Nähe des Bettes platziert werden. Die ätherischen Öle der Arve wirken auch als Mottenschutz. Düfte haben oft eine Wirkung auf den Körper. So regt der Geschmack von frischem Brot bei den meisten Menschen die Verdauungssäfte und das Hungergefühl an. Probieren Sie doch einfach mal selber aus, wie Sie auf den Duft von Arvenholz reagieren.

Naturmatratzen

Einige Anbieter von Naturbetten stellen nicht die Wirkung eines Naturbettsystems in den Vordergrund, sondern bieten vor allem Matratzen aus Naturmaterialien für normale Lattenroste an. Anfänglich waren es einfache Futonmatratzen aus einigen Lagen Schur- oder Baumwolle. Heute sind es sehr viele verschiedene Matratzentypen, meistens mit Naturlatexkern und unterschiedlichsten Auflagen darüber. Naturlatex wird aus dem Kautschuksaft des Gummibaumes «Hevea brasiliensis» hergestellt. Die Gewinnung des nachwachsenden Rohstoffs und die Produktion von Naturlatex benötigt ca. 6.-.10 mal weniger Energie als die Herstellung von synthetischem Kaltschaum. Der maximale Naturanteil von Naturlatex beträgt ca. 92%, da bei der Aufschäumung der Kautschukmasse Hilfsstoffe benötigt werden. Um naturbedingte Schwankungen des Rohmaterials auszugleichen, wird teilweise synthetischer Kautschuk, sogenannter Latex, beigemischt. Ab 85% Naturanteil ist die Bezeichnung«100% Naturlatex» zulässig. «100% Latex» bedeutet hingegen,dass ausschliesslich synthetischer Kautschuk verwendet wurde. Die hohen Rohstoffpreise brachten gewinnorientierte Hersteller auf die Idee, Latexmatratzen mittels Füllstoffen (Kreide) billiger herzustellen. Dies war jedoch mit Qualitätseinbussen verbunden. Später wurde gerne der günstigere Kaltschaum als das «ideale» Material für Matratzenkerne propagiert und Naturlatex schlecht geredet. Das physiologisch gute Liegen, welches die punktelastische Formanpassung von Naturlatex bewirkt, ist mit synthetischen Produkten nicht zu erreichen. Die offenporige Zellstruktur von Naturlatex sorgt zudem für ein ausgeglichenes und angenehm natürliches Schlafklima. Damit können Naturbett-Hersteller heute noch punkten.

Naturmatratzen erfreuen sich somit einer stetig wachsenden Nachfrage, was auch zu einem ständig grösseren Angebot führt. Unzählige Varianten von dicken, dünnen, festen, mittelfesten und weichen Matratzen, welche sich leider nur bedingt «anpassen», machen dem Konsumenten die Entscheidung enorm schwer. Hersteller von «Frauen- und Männermatratzen» bieten mit einer geschlechtsspezifischen Zonengestaltungeine gewisse Entscheidungshilfe. Regulierbare Lattenroste und einstellbare Modulmatratzen aus Naturmaterialien ermöglichen individuelle Einstellungen. Am einfachsten jedoch, gelingt die Formabstimmung von Naturmatratzen mit einem selbstregulierenden Bandsystem. Im nachfolgenden Kapitel «Bettsysteme die sich anpassen» wird diese Wirkungsweise genauer erklärt. Eine spezielle Marketing-Idee war die Lancierung einer dicken Matratze mit Buchenholzfedern anstelle von Stahlfedern im Kern. Diese sind auch rund, nur viel grösser und weisen weniger Windungen auf. Das Federverhalten wie auch die Formanpassung fühlt sich dementsprechend auch «buchig» fest an. Ganz nach dem Motto: Hauptsache Naturmaterialien.

Naturlatex

Aufgrund seiner besonderen Struktur besitzt Naturlatex eine einmalige Punkteelastizität und hervorragende physiologische Eigenschaften. Die offenporige, hochelastische Zellstruktur sorgt für eine gute Belüftung. Hitze- oder Feuchtigkeitsstatus werden vermieden. Naturlatex ist ein pflanzlicher, nachwachsender Rohstoff, dessen Herstellung mit erheblich geringerem Energieaufwand verbunden ist, als dies bei marktüblichem Kaltschaum der Fall ist. Naturlatex ist somit ökonomisch wie ökologisch etwas vom Besten, was es in diesem Bereich gibt.

Magazin mit den 10 Irrtümern rund ums Liegen und Schlafen